Als Annes Freund gestorben war, verfiel sie selbst in eine schwere Depression. Sie lief nur noch willenlos umher und starrte gedankenverloren in die Luft. Ihr Freund hatte ihr wenige Tage zuvor noch gesagt wie sehr er sie liebte, und das er sie nie verlassen würde, um nichts auf der Welt. Nun saß Anne jedoch wieder alleine da, ohne jemanden der sie verstand, und sie aufbaute wenn die am Boden war. All das hatte sie mit ihm verloren. Sicherheit, Schutz, Geborgenheit, liebe und die Person, der sie am meisten vertraut hatte. Sie konnte keinen ruhigen Schlaf finden, sie hatte jede Nacht Albträume, davon, wie ihr Freund im Krankenhaus lag, und um sein Leben kämpfte. Jede Nacht schwirrten hunderte von Fragen in Annes Kopf umher, ohne das sie auch nur eine einzige beantworten konnte. Die Welt schien ihr nun völlig anders zu sein als zuvor, sie erschien ihr wertlos, trauernd und unglücklich. Sie erschien ihr verlassen. In dieser Welt konnte niemand mehr lächeln, ohne dass sein Herz blutete, und sie Tränen über die Wangen spürten.
Seit Tagen saß Anne nun auf dem Fensterbrett, in eine dicke Decke eingekuschelt und weinend. Sie starrte gedankenverloren aus dem Fenster. Sie starrte in den Himmel, in dem sich nun tausende von leuchtenden Sternen zeigten. Der Mond war voll, aber auf sie wirkte dieser als würde er weinen. Er war von Wolken umgeben, und man konnte ihn nicht sehen, nur das schwache Leuchten das von ihm ausging.
Anne konnte es immer noch nicht fassen. Ihr Freund würde nie mehr wieder zurück kommen. Sie würde ihn nie mehr in den Arm schließen können, oder ihm in seine wunderschönen Augen sehen. Hunderte von Fragen schwirrten ihr durch den Sinn, und einige sprach sie auch laut aus. Die meisten davon lauteten jedoch meist nur „Warum ist das passiert?“ oder „Wieso hast du mir das genommen, was mir am wichtigsten war?“
Jede dieser Fragen brachte sie weiter von der Realität ab. Mit jeder Minute die sie auf diesem Fensterbrett saß, entfernte sie sich mehr und mehr von dieser Welt, und verschwand in ihre eigene Traumwelt. In ihrer Traumwelt war ihr geliebter Jonas nicht tot. Sie konnte mit ihm leben, in einem eigenen Haus, das voller Lebensfreude gefüllt war. Doch auch mit jeder Minute die sie in ihrer Traumwelt war, wurde ihr Herz schwerer, und mit jedem mal, das ihr das Herz schwerer war, flossen ihr mehr und mehr Tränen über die Wangen. Mit jeder Träne die ihr über die Wange hinunter zum Kinn und dann auf die Hände fiel begann ihr Herz mehr zu bluten als zuvor.
All die Aufheiterungsversuche ihrer Freundin hatten nichts gebracht. Anne konnte einfach nicht aufhören Jonas zu vermissen, und ihn zu lieben. Sie wollte es auch nicht. Sie wollte Jonas nie aufhören zu lieben. Ihr war klar, dass sie ihn aber mit jedem Tag mehr vermissen würde. Sie hatte Jonas geschworen, ihn nie zu vergessen und nie aufzuhören ihn zu lieben, bevor er aus ihrem Leben verschwand, und diesen Schwur wollte sie nicht brechen.
Annes Freundin verstand sie einfach nicht. Sie verstand nicht, wie sie sich selbst so fertig machen konnte. Sie verstand nicht wieso Anne sich nun schnulzige Liebesfilme ansah, und sich traurige Lieder anhören musste. Ihre Freundin verstand nicht, wieso sich Menschen veränderten, wenn ein geliebter Mensch von dieser Welt verschwand.
Sie fand die „neue“ Anne sehr gruselig, um genau zu sein mochte sie die „neue“ Anne nicht. Sie wollte ihre alte Freundin zurück. Eine lebensfrohe, lustige, freie, nette, verrückte junge Frau, die gerne auf Partys ging und gerne ihren Spaß hatte.
Die braunhaarige junge Dame schluchzte auf und sah weiter aus dem Fenster. Ihre sonst so wunderschönen grünen Augen waren nun von tiefen Augenringen umgeben, und hatten sich rot verfärbt. Sie brannten wie Feuer, und nicht nur das, auch Annes Kopf wollte nicht mehr mitmachen. Dieser wollte sich nur noch zur Ruhe legen.
Fr Jun 24 2011, 13:03
